Dienstag, 8. Januar 2019
Dem Leben abgelauscht 15.04.2016
Naja, so wirklich abgelauscht war es nicht.
Es kam vielmehr ungefragt und auch ungewollt.
Erst der Typ - ging schnell zunächst hinter, dann neben mir auf dem Bürgersteig.
Kaum waren wir auf gleicher Höhe, zog er aus den tiefsten Tiefen seines Bronchialsystems den komplett verfügbaren Rotz nach oben.
Das klang sehr - ungefragt.
Und auf daß die Welt dieser heroischen Tat ansichtig werden möge, spie er seine Fundstücke auf den Bürgersteig.
Wenigstens nicht mir direkt vor die Füße.

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Dem Leben abgelauscht 13.04.2016
Seit einigen Jahren erlebe ich in U- und S-Bahnen einen neuen Typus von Bettlern. Sie grüßen höflich beim Einsteigen, erzählen kurz, warum sie derzeit wohnungs- und mittellos sind und erbitten dann eine Spende in Form von Essen, Getränken, Pfand oder Kleingeld. Danach bedanken sie sich fürs Zuhören, wünschen noch einen schönen Tag und eine gute Weiterfahrt.
So ein Bettler stieg also ein, lief durch den Wagen und wurde von einem Fahrgast angesprochen. Was dieser zu dem Bettler sagte, konnte ich nicht hören, wohl aber dessen Erwiderung: "Wenn ihr anständig wählen würdet, bräuchte ich nicht zu betteln."

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Donnerstag, 23. August 2018
Dem Leben abgelauscht 05.04.2016
In der Haltestelle 'Reeperbahn' steigen zwei abgerissen aussehende Typen in die S-Bahn. Der eine setzt sich auf eine freie Bank und bedeutet dem anderen, es ihm gleichzutun.
Der Angesprochene schüttelt vehement den Kopf und sagt: "Hier sitzen bestimmt überall Vegetarier."

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Donnerstag, 31. Mai 2018
Dem Leben abgelauscht 19.03.2016
In der S-Bahn.
Abends.
Ein Paar mittleren Alters steigt ein und setzt sich in die Sitzgruppe hinter der meinen.
"Wie fühlst Du Dich denn heute?", fragt er.
"Total schlecht. So wie ich mich immer fühle, wenn ich im Büro war.", antwortet sie.
Nach einer kurzen Pause fährt sie fort: "Was nicht am Büro liegt. Aber ich finde die Idee, arbeiten gehen zu müssen, absurd."

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Dem Leben abgelauscht 15.03.2016
Beim Friseur.
Er fragt, wie ich meine Frisur fand seit meinem letzten Besuch.
Ich sage: "Alles super. Nur in den letzten beiden Tagen hat es mich genervt, weil mein Haar inzwischen zu lang geworden ist. Oben am Scheitel."
"Im Nacken ist es jetzt auch schon ziemlich lang."
"Ach", sage ich leichthin, "das ist ja hinten. Das ist mir egal. Das sehe ich nicht."
"Hast Du keinen Alibert?", fragt daraufhin mein Friseur ganz erstaunt.
Gefühlte hundert Jahre habe ich dieses Wort nicht mehr gehört.
Und nein - ich habe keinen Alibert.

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Dienstag, 6. September 2016
Dem Leben abgelauscht 19.02.2016
Zwei alte Frauen in der S-Bahn.
"Hatte sie denn ihren Rollator mit?"
"Nein, Rollator und Koffer gleichzeitig wären zuviel gewesen. Aber gleich am Hauptbahnhof hat sie gefragt, ob ich ihren Koffer die Treppe hochtragen könnte.
Nee, kann ich nicht, hab' ich gesagt. Ich bin selber alt."

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Dem Leben abgelauscht 16.02.2016
Vater und Tochter im Supermarkt.
Der Vater verstaut Lebensmittel in seinem Rucksack, während das vierjährige Mädchen mit den Kartons, die auf dem Packtisch stehen, spielt.
"Aua!", sagt es plötzlich. "Guck mal, ich hab' mich geschnitten."
Der Vater sieht sich die Hand an, die das Mädchen ihm hinhält.
"Wie ist das denn passiert?"
"Da war was scharf."
Der Vater holt ein Pflaster aus seinem Rucksack und hält es seiner Tochter hin, die immer noch auf ihre Hand schaut.
Schließlich sieht sie das Pflaster und schaut zu ihrem Vater hoch.
"Wo hast du das her?"
"Aus meiner Tasche."
"Danke, Papi!"
Sie nimmt das Pflaster aus der Verpackung und klebt es auf ihren Finger.

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Dienstag, 16. Februar 2016
Dem Leben abgelauscht 02.02.2016
An der Supermarktkasse.
Es ist kurz nach halb zehn am Montagabend. Der Laden entsprechend leer.
Auch keine Kassiererin zu sehen.
Ich lege meine Artikel auf das Laufband und warte. Eine Frau kommt und legt ihre Waren ebenfalls auf das Band.
Dann kommt die Kassiererin.
"Verzockt.", sagt sie. "Ich sitze an der anderen Kasse."
Ich ziehe einen Schmollmund.
"Aber Sie kennen mich doch.", sagt sie. "Ich sitze zu 99% an dieser Kasse."
Das stimmt.
"Das stimmt.", sage ich, während ich Käse und Müsli von einem Laufband auf das andere umpacke. "Aber Sie habe ich nicht gesehen, und die eine Kasse war grün angestrahlt und die andere rot. Also bin ich zu der grünen gegangen."
Ich lasse einen Typen vor, der nur einen Sixpack in der Hand hält.
Die Kassiererin, die inzwischen auf ihrem Stuhl Platz genommen hat, scannt das Bier ein. Dann schaut sie hoch.
"Stimmt.", sagt sie. "Dann ändere ich das mal."
Ein Gong ertönt.
Dann sagt eine Automatenstimme: "Kasse Zwei wird geöffnet."
Alle lachen.

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Freitag, 5. Februar 2016
Dem Leben abgelauscht 26.01.2016
Ich höre sie, bevor ich sie sehe.
Sie äußert Unmut in verschärfter Form zwischen Joghurt und Käse.
Halb Weinen, halb Greinen.
Ihre Mutter biegt mit dem Kinderwagen um das Kühlregal, und als die Kleine mich sieht, unterbricht sie für einige Momente ihr Gegreine. Schaut nur.
Dann schiebt die Mutter den Kinderwagen um das nächste Regel, und hinter der Saftecke schwillt der Protest erneut an.
An der Kasse treffen wir uns wieder.
"Mammammammam."
In der rechten Hand ein halbgegessenes Würstchen.
"Mammammammam."
Strahlend.
"Na,", sagt die Kassiererin. "Schmeckt's?"
"Mammammammam."

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Donnerstag, 4. Februar 2016
Dem Leben abgelauscht 24.01.2016
Der Bus hält an der Haltestelle vor dem Rathaus Schöneberg.
Eine Frau stellt einen Fuß in die Tür und sagt: "Schöneberg."
"Det is Schöneberg.", sagt der Busfahrer.
"Schöneberg.", sagt die Frau.
"Det is Schöneberg.", wiederholt der Busfahrer. "Wo wollnse denn hin?"
"Hundertvier Schöneberg.", sagt die Frau.
"Der kommt.", sagt der Fahrer.
"Hundertvier Schöneberg.", wiederholt die Frau.
"Der fährt hier auch.", sagt der Fahrer.
Die Frau nimmt ihren Fuß aus der Tür.
Die Tür schließt sich, und der Bus fährt los.
"Vielleicht meinte sie den Bahnhof Schöneberg.", sagt eine alte Frau, die auf dem Platz direkt hinter der Tür sitzt. "Den S-Bahnhof Schöneberg."
"Woher soll ick det wissen?", entgegnet der Busfahrer. "Sie hat ja bloß hundertvier Schöneberg jesacht."

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