Dienstag, 26. Januar 2016
Das Rilke-Projekt 10.01.2016
"Wenn Sie sich an die Natur
halten, an das Einfache in ihr,
an das Kleine, das kaum einer
sieht, und das so unversehens
zum Großen und
Unermeßlichen werden kann; [...]"

Diese Zeilen kann ich fast auswendig, weil ich sie monatelang immer und immer wieder gelesen und über sie nachgedacht habe.
Sie stammen aus Rilkes 'Briefe an einen jungen Dichter', und ich dachte lange, daß aus mir vielleichtmöglicherweisehoffentlich eine "richtige Dichterin" werden könnte, wenn ich den Sinn dieser Rilke-Weisung verstünde.

Das Zitat geht folgendermaßen weiter:
"[...] wenn Sie diese Liebe haben
zu dem Geringen und ganz schlicht
als ein Dienender das Vertrauen
dessen zu gewinnen suchen, was
arm scheint: dann wird Ihnen
alles leichter, einheitlicher und
irgendwie versöhnender werden,
nicht im Verstande vielleicht, der
staunend zurückbleibt, aber in
Ihrem innersten Bewußtsein,
Wachsen und Wissen."

Und tatsächlich verstand ich nach Jahren des Suchens, daß das Kleine und Unscheinbare mein Weg ist. Rilke hat mir auf diese Weise den entscheidenden Hinweis für die Entwicklung meiner Poetik - das verstehe ich, wenn er von "einheitlicher" spricht - geschenkt.

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